Pressestimmen - 24.01.2020 - Rumgekommen - Albstadt-Ebingen

"Rumgekommen"

 

Mustermann und die Motzlöffel am 24. 1. 2020 im Kräuterkasten

 

Martin Ehmann, Ulrich Gohl und Ulrich Heinz erreichten am Freitag bei ihrem Rumkommen wieder einmal den Kräuterkasten und unterhielten die, die schon da waren, mit ihrem Nummernkabarett.

 

Die Bezeichnungen Mustermann und Motzlöffel passen vollkommen, sie mustern und motzen in rasch aufeinander folgenden Szenen. Das beginnt schon bei der Begrüßung. Heute reicht es doch nicht mehr, „Liebe Ebinger und Ebingerinnen zu sagen“, aber „Ebingende“ geht auch nicht, oder ist „Ebingen“ ein Verb? Dann mustern sie weiter und motzen nach Bedarf. Eines ihrer Lieblingsobjekte ist die Sprache, Schwäbisch, das sie in schwäbischem Hochdeutsch fast wissenschaftlich untersuchen, etwa Wörter wie saumäßig oder schäbs. Sie spielen mit Worten, fragen, was ein Nang ist, der in Backnang gebacken werden soll, ordnen die Autoschlange in die Klasse der Würgeschlangen ein. Sie nehmen Bezug auf die klassische Literatur, „Pfand oder nicht Pfand, das ist hier die Frage“ und beweisen die eigene Sprachfertigkeit mit saukurzer Lyrik: Titel: „Unbekanntes Gebäck“ Text: „Davo zwei“.

 

Sie werfen ihren kritischen Blick auf regionale Besonderheiten, Gesellschaft, Politik. Stuttgart und Ebingen sind sich durchaus ähnlich, wenn man die Baustellen zählt, Ebingen ist zudem moralisch verdächtig, da wurde mal eine Villa verschoben. Sie gehen vom Besonderen ins Allgemeine, machen sich, wenn sie die Zutaten zum typischen Ebinger Sauertopf auswählen, über den modernen Ernährungswahn lustig.  Sie schweifen in die Vergangenheit, beweisen, dass sie selbst schon vor Jahren den Klimawandel erkannten, als sie einen Mann in Köln erfanden, der sich freute, dass die Nordsee jetzt bis an seine Stadt reichte und keine Niederländer mehr die Straßen verstopften. Sie schweben aber auch mit dem Raumschiff Orion in die Zukunft. Die Landung in Stuttgart erweist sich als schwierig, das ist jetzt völlig grün, weil autofrei, dort regiert jetzt Fritz Kuhn III und landen darf auch ein Raumschiff nur, wenn es eine Feinstaubplakette vorweisen kann. Aber gegen Schmutz und Staub haben Mustermann und Motzlöffel Mittel gefunden, die sogar bewirken, dass sich die Menschen näher kommen, etwa wenn sie gemeinsam mit Zahnbürsten die Straßen reinigen oder im völlig überfüllten Nahverkehrszug in körperlichen Kontakt treten. Politisch werden sie auch, wenn sie im Grundgesetz blättern, den 70 Jahre alten §17 „Eigentum verpflichtet“ auf heutige Verhältnisse beziehen. Was man heute wohl so von Politik hält, das lassen sie eine Marionette aussprechen, die als Putzfrau Möpple höchst grob und kurz den heute agierenden Politikern, ob Mann oder Frau, die Leviten liest.

 

Aber das Publikum im voll besetzten Kräuterkasten motzt überhaupt nicht, es mustert die Künstler beifällig, lacht schallend und spendet begeistert Applaus.

 

                                                                                                          Ute Büttner